Summende Bienen, die eifrig nach Nektar suchen, schillernde Schmetterlinge, die über die Gräser gaukeln und kunterbunte Wiesenblumen, die sich nach einer kühlen Nacht der Sonne entgegenstrecken – viele Menschen haben ein solches Bild im Kopf, wenn sie an schöne Sommertage denken, oder verbinden damit liebgewonnene Kindheitserinnerungen.
Leider sind solche bunten Wiesen, auf denen es vor Leben nur so wimmelt, mittlerweile sehr selten zu finden und selbst an Wegrändern und Feldrainen sucht man oft vergebens nach bunten Sommerboten. Der Rückgang der Biodiversität in unserer Kulturlandschaft – also der Verlust der Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten in unserer unmittelbaren Umgebung – ist vielerorts deutlich geworden und zahlreiche Studien bestätigen diese Entwicklung. Durch Intensivierung der Landnutzung und den übermäßigen Einsatz von Spritzmitteln gingen in den letzten Jahrzehnten zahllose wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen verloren und viele Arten wurden aus ihren angestammten Rückzugsorten verdrängt, um Monokulturen und sattgrünen Wirtschaftswiesen Platz zu machen. Artenreiche Heuwiesen – und nichts Anderes waren die bunten Blumenwiesen vergangener Zeiten – sind auf eine maximal 2 bis 3-malige Mahd im Jahr angewiesen und gedeihen am besten auf nährstoffarmen Böden. Bei zu seltener Mahd setzen sich schnell konkurrenzstarke Gräser durch. Zu häufige Mahd und zu intensive Düngung führen allerdings auch zur Verdrängung der meisten typischen Pflanzenarten und zur Entstehung arten- und blütenarmer Fettwiesen, wie wir sie heute leider vielerorts vorfinden. Derartige Wiesen liefern jedoch nur noch wenigen Tier- und Pflanzenarten ein passendes Zuhause. Ist die Anzahl an verschiedenen Pflanzenarten verringert, finden Insekten, Spinnen und Co. weniger Nahrung und Lebensräume. Die fehlenden Insekten führen zum Rückgang insektenfressender Vögel und Säugetiere, die ihrerseits anderen Tieren als Nahrungsgrundlage verloren gehen und so weiter und so fort – eine Spirale, die sich beliebig ausbauen lässt und weitreichende Folgen für die Natur und den Menschen nach sich zieht.
Aus diesem Grund wurde in Waake/ Bösinghausen vor ca. 2 Jahren im Zuge einer Dorfversammlung das „Blumenwiesenprojekt“ ins Leben gerufen. Ausgehend vom Gemeinderat, initiiert durch Kerstin Großelindemann und unterstützt durch Bürgermeister Johann-Karl Vietor, wurde der Weg geebnet, um vor allem öffentliches Grün und Gemeindeflächen in artenreiche und pflegearme Blumenwiesen zu verwandeln und so einen aktiven Beitrag zum Schutz bedrohter Tier- und Pflanzenarten zu leisten. Die Gemeinde unterstützt das Vorhaben zusätzlich mit Geldern für den Saatgutkauf und der Zusage der Abfuhr von Grassoden und Mahdgut durch den Gemeindearbeiter.
Schnell formierte sich eine kleine ehrenamtliche Gruppe tatkräftiger Befürworter des Projektes, die seither mit Hacke, Rechen, Sense und jeder Menge guter Laune für die Anlage und Pflege der ausgewählten Flächen Sorge tragen. So konnten in den letzten Monaten knapp ein Dutzend Blühflächen in den Gemeinden Waake und Bösinghausen im Rahmen des Projekts realisiert werden, darunter Blühwiesen z.B. am Ortseingang von Bösinghausen, am Bollenbergweg in Waake oder vor dem Brothofladen. Durch 1 bis 2-malige Jahresmahd wird auf diesen Flächen für den Erhalt der Artenvielfalt gesorgt und die stehengelassenen Pflanzenstängel bieten wertvolle Überwinterungshilfen für zahlreiche Tiere und liefern Saatgut für die nächste Generation an bunten Wiesenblumen. Vor Kurzem wurden durch Unterstützung des Samtgemeindebürgermeisters Arne Behre auch zwei Flächen auf dem Gemeindefriedhof in Waake eingesät. Außerdem werden mit Unterstützung des Brothofes ab diesem Sommer zwei kommunale Wegränder in der Feldmark durch Mahd zu artenreichen Feldrainen umgestaltet. Auch hier ist die Gemeinde Waake bereit den Aufwand zu entschädigen. Weitere Gemeindeflächen warten noch auf ihre Umgestaltung und sollen in den kommenden Monaten folgen.
Bei Rückfragen, Anregungen oder bei Interesse zur Unterstützung in diesem Projekt stehen Kerstin Großelindemann (KerstinGrosselindemann@online.de) und Dr. Conrad Helm (chelm@uni-goettingen.de) gern Rede und Antwort.
Derartige Blühflächen sind zwar kein Ersatz für großräumige, artenreiche Heuwiesen, jedoch helfen sie, vielen Arten kleine Ausweichlebensräume zu schaffen und unterstützen den Erhalt der Vielfalt in unserem direkten Umfeld. Außerdem – und das sollte in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden – liefern derartige Blühwiesen farbenfrohe und dennoch pflegearme Blumeninseln, die eine Gemeinde ungemein aufwerten und sie schärfen das generationenübergreifende Bewusstsein für die ursprüngliche Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten in unserer vom Menschen stark geprägten Kulturlandschaft.
Es bleibt zu hoffen, dass viele Naturfreunde und Gemeinden diesem Beispiel folgen, und so bald wieder mehr bunte Blühflächen in unserer Landschaft Einzug halten. Nicht nur die Bienen würde es freuen!
Text: Dr. Conrad Helm
Kartenlayout und Fotos: Antonia & Dr. Paul Magdon